„Der verfälschte Islam“ von Yasar Nuri Öztürk

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Bei dem Buch „Der verfälschte Islam“ von Y. N. Öztürk handelt es sich um die gekürzte Fassung des türkischen Originals und vorweg: das ist das einzig Schlechte!

Man erhält auf 180 Seiten einen Crashkurs in Sachen Reformislam, der es in sich hat und nicht wenige Vertreter des orthodoxen Islam dürften bei der Lektüre des Buches schäumen, denn es entbehrt nicht einer gewissen Polemik, wie an die „Verfälscher“ des eigentlichen Islam herangetreten wird und dies häufig gerade mit denselben Gelehrten, die eben jene selbst gerne zitieren: Ibn Taymiya und al-Albani.

Der Autor bezieht sich in seiner Kritik am orthodoxen Islam primär auf den Koran und läßt die Ahadith weitestgehend außen vor, da seiner Meinung nach die Mehrheit der Sunna gefälscht ist. So kommt es u.a., daß er die Gebetszeiten auf drei Male reduziert, die Ehe mit Nichtmuslimen für erlaubt erklärt, die Riten der Hadsch als verfehlt betrachtet und den Mahdi-Glauben gar ganz ablehnt. Dem westlichen, mäßig islamwissenschaftlich gebildeten Leser (und für den ist dieses Buch wohl auch primär gedacht) dürfte dies auch alles einleuchten, denn Öztürk schreibt sachlich, logisch und vor allem leicht verständlich. Muslimen mit einem festen Weltbild hingegen werden einiges zu bemängeln haben und nicht selten wird dann schlicht Aussage gegen Aussage stehen, da eben nicht alles bis ins Detail (anders als im türkischen „Original“) erörtert wird. So begnügt sich der Autor damit festzustellen, daß der Koran kein generelles Eheverbot zwischen einer Muslima und einem Nichtmuslim kenne, ein orthodoxer Muslim wird dies jedoch schlicht mit Sure 60 Vers 10 beiseite wischen.

Dies ist – wie bereits erwähnt – der eigentliche Kritikpunkt an den Buch: es ist in sich nicht zwingend (obwohl es das bei größerem Umfang durchaus sein könnte) und wird folglich nur die Überzeugen, die bereits überzeugt sind bzw. bereit sind, die Gedanken Öztürks einmal weiterzuspinnen und sich selber auf die Suche nach Antworten begeben. So fehlen leider sehr oft konkrete Quellenangaben (ich zweifle nicht an deren Existenz) oder auch der gedankliche Überbau, der für das Ergebnis jedoch zwingend erforderlich ist.

Das Buch liefert etliche hilfreiche Denkansätze, wie ein moderner und zugleich auch authentischer Islam gelebt werden kann und macht Hoffnung, daß viele Muslime sich seinem Beispiel anschließen werden, aber die erklärten Gegner werden durch eine solche kurze Fassung nicht zu überzeugen sein. Ein weiterer Wehrmutstropfen ist, daß sämtliche Quellenangaben bzw. Fachbegriffe dem Türkischen folgen und nicht dem arabischen, was zwar dem Anliegen des Autors sich von der „Verarabisierung“ des Islams zu lösen entspricht, jedoch der islamwissenschaftlichen Terminologie zuwiderläuft.

Alles in allem ein wichtiges Buch, das jeder, der auf der Suche nach der Wahrheit hinter festgefügten Dogmen ist gelesen haben sollte und es ist zu wünschen, daß mehr Bücher des Autors ins deutsche übersetzt werden und vielleicht auch im Umfang des türkischen Originals.

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