Die Shahada ist die erste Säule des orthodoxen Islam und lautet: „La ilaha il allah muhammad rasululah“ – „Es gibt keinen Gott außer Gott und Muhammad ist sein Gesandter“. Es ist bemerkenswert, dass ein solches Glaubensbekenntnis im Koran nicht existiert. In Sure 3 Vers 18 findet sich lediglich folgendes:
„Allah bezeugt, daß es keinen Gott gibt außer ihm. Desgleichen die Engel und diejenigen, die das Offenbarungswissen besitzen. Er sorgt für Gerechtigkeit (qaa’iman bil-qisti). Es gibt keinen Gott außer ihm. (Er ist) der Mächtige und Weise.“ (Paret)
Wie wir sehen ist dieses Glaubensbekenntnis nicht anderes, als die Anerkennung des Monotheismus und ist offenbar nicht an einen bestimmten Propheten oder Gesandten gebunden.
Es stellt sich nun die Frage, ob es laut Koran gestattet ist, die in den Ahadith zu findende Shahada zu befolgen. An dieser Stelle hilft uns zunächst der erste Vers der 63. Sure weiter:
„Wenn die Heuchler (munaafiquun) zu dir kommen, sagen sie: „Wir bezeugen, daß du der Gesandte Allahs bist.“ Du bist sein Gesandter, weiß Allah! Aber (sie tun nur so, als ob sie es glauben würden.) Allah bezeugt, daß die Heuchler lügen.“ (Paret)
Dies bezieht sich selbstverständlich nur auf die Personen zu Lebzeiten Muhammads und nicht auf alle Personen, die eine solche Aussage tätigen. Dennoch erweckt dieser Vers den Eindruck, dass die Bezeugung in Bezug auf Muhammad nicht die Beste Art und Weise zu sein scheint. In jedem Falle können wir auch hier keine Pflicht zur orthodoxen Shahada ableiten.
Und überhaupt wirft eine solche Bezeugung die Frage auf, ob ein Mensch, der Muhammad überhaupt nicht gekannt hat, eine solche Sache „bezeugen“ kann. Der Koran sagt dazu in Sure 28 Vers 44 folgendes:
„Und du warst nicht auf der westlichen Seite (des Berges), (damals) als wir die Entscheidung für Moses trafen (und ihn zum Gesandten beriefen). Und du warst (dabei) nicht Zeuge.“ (Paret)
Wir sehen, eine Zeugenschaft im Wortsinne ist nicht möglich, sondern nur auf Grund dessen, was wir aus den Offenbarungen wissen (wie bereits in Sure 3 Vers 18 angeführt).
Man kann nun einwenden, dass man die Bezeugung, dass Allah ein einziger Gott ist ebenfalls nur aus dem Koran kennt und somit beide Aussagen formal gleichrangig seien. Dies ist korrekt, denn eine Bezeugung durch Menschen ist nicht notwendig, wie wir aus Sure 4 Vers 79 lernen:
„Was dich an Gutem trifft, kommt von Allah, was dich an Schlimmem trifft, von dir selber. Und wir haben dich zum Gesandten für die Menschen bestellt. Allah genügt (dafür) als Zeuge.„ (Paret)
Wie wir sehen genügt Allah als Zeuge, auch wenn wir Dinge auf Grund unseres Wissens (die Wissenden in Sure 3 Vers 18) im übertragenen Sinne „bezeugen“ können.
Zusammenfassend könnte man also sagen, dass es durchaus statthaft ist, die orthodoxe Shadada zu sprechen, wenngleich beide Teile nicht verlangt werden und der zweite Teil auf Grund von Sure 63 Vers 1 einen negativen Beigeschmack trägt. Doch sollte man gewahr sein, ob man seinen Glauben durch eine solche „komplette“ Bezeugung nicht selbst abqualifiziert, zumal derlei nicht positiv erwähnt wird.