Die Feststellung dessen, was ein Muslim ist, ist verhältnismäßg einfach, liegt doch bereits in dem Wort selbst die Lösung; es ist ein Untergebener, genauer ein Untergebener Gottes. Was dies alles beinhaltet kann man natürlich genauer erörtern, aber der Grundinhalt ist jedem sofort klar. Anders beim Ungläubgen, denn diesen gibt es nicht – jedenfalls nicht in dem Begriff Kafir, der im Koran immer damit übersetzt wird.
Kafir leitet sich von der Wurzel k-f-r ab und bezeichnet in der arbischen Linguistik:
- das komplette Zudecken oder Verhüllen
- das Bedecken, das Verschleiern und das Verbergen
- die Verleugnung und die Undankbarkeit gegenüber den Gaben und Wohltaten Allahs
- die Lossagung und die Aberkennung
Anhand dieser vier Punkte wird bereits klar, daß die Übersetzung mit „Unglauben“ nicht wirklich treffend ist. Ganz im Gegenteil ist mit dem kufr eben kein Glaubenszustand allein gemeint, sondern eine aktive Tat, die den Taten der Gläubigen entgegensteht. Dies wird bereits an dem deutlich, was wir über die „Ungläubigen“ Mekkaner wissen: sie glaubten durchaus an Allah und etliche Nebengötter; zogen jedoch keinerlei Konsequenzen aus ihrem Glauben: sie erfüllten alle vier oben genannten Kriterien, aber ein Atheist war keiner! Natürlich kann man dies auch mit dem Koran belegen. Dieser verbindet kufr mit:
- denen, die Menschen vom Wege Gottes abbringen (6:26; 7:45; 8:36);
- der tatsächlichen oder versuchten Ermordung von Gottes Propheten und denen, die für Gerechtigkeit kämpften (4:155; 5:70; 8:30);
- Aktivität, – also ist „kufr“ etwas Aktives, das man aktiv herbeiführt (16:106; 22:51; 34:5);
- dem Kampf auf dem Wege des Bösen (4:76);
- der Weigerung, von seinem Wohlstand etwas für die Armen abzugeben (2:254; 3:179; 9:34,35; 41:7);
- dem Ausgeben von Geld, um Menschen von Gott und Gerechtigkeit abzubringen (8:36);
- Unterdrückung der Schwachen (4:168; 14:13)
- und Schweigen angesichts von Unterdrückung (5:79)
Daraus kann man übrigens ebenfalls ableiten, daß auch (Namens-)Muslime Züge des kufrs aufweisen bzw. schlicht Heuchler sein können.
Nichtsdestotrotz spielt natürlich auch der Stand des Glaubens eine Rolle, wobei dabei jedoch zu beachten ist, in welchem Sinne dieser Glaube bzw. Nichtglaube zu sehen ist. So gibt es einmal den kufr in Bezug auf den Islam als wahre Religion, als auch den kufr in Bezug auf andere Religionen. So kann man z.B. in Sure 2 Vers 62 klar erkennen, daß ein Unterschied gemacht wird zwischen den Gläubigen und den Juden, Christen, etc.:
„Gewiß, diejenigen, die den Iman bekundet haben , diejenigen, die Juden wurden, die Nazarener und die Sabia , wer (von ihnen) den Iman an ALLAH und den Jüngsten Tag verinnerlicht und gottgefällig Gutes getan hat, diese haben ihre Belohnung bei ihrem HERRN und weder Angst gibt es um sie, noch werden sie traurig sein“
Man kann klar erkennen, daß der Glauben an Gott und den jüngsten Tag in engem Zusammenhang steht mit den guten Taten! Jedenfalls wird an dieser Stelle durchaus zwischen den Muslimen und den Anhängern anderer Religionen unterschieden. Der kleinste gemeinsame Nenner für den Glauben an sich ist dabei der Glaube an Gott und den jüngsten Tag. Alle anderen Glaubensdinge differenzieren sich innerhalb der verschiedenen Gemeinschaften aus. Innerhalb dieser kann es natürlich auch kafirun (Plural) geben.
Es werden nicht alle Nichtmuslime als „Ungläubige“ betitelt:
Sure 2 Vers 105: „Weder diejenigen unter den Schriftbesitzern, die Kufr betrieben haben, noch die Muschrik wünschen sich, dass euch etwas Gutes von eurem HERRN nach und nach hinabgesandt wird. Doch ALLAH gewährt Gnade, wem er will. Und ALLAH ist von unermesslicher Gunst. „
Da es offenbar Schriftbesitzer gibt, die „unglauben“ (kufr) betreiben, muß es auch welche geben, die dies nicht tun. In Vers 109 derselben Sure wird dies noch weiter ausgeführt:
“ Viele von den Schriftbesitzern wünschten sich, sie könnten euch nach eurem Iman-Bekenntnis wieder zu Kafir umwandeln aus Neid in ihren Seelen, nachdem ihnen die Wahrheit sichtbar wurde. So erlasst und seht nach, bis ALLAH Seine Anweisung kommen lässt. Gewiß, ALLAH ist über alles allmächtig.“
Das ungläubige Verhalten steht offenbar in Zusammenhang mit dem Erkennen aber Ablehnen der Wahrheit – setzt also deren Kenntnis voraus , sowie mit dem Versuch, andere ebenfalls dazu zu bringen sich genau so zu verhalten
Es ist jedoch nicht unsere Aufgabe die Welt in „wahre Gläubige“, Heuchler, „wahre Ungläubige“, etc. einzuteilen. Diese Aufgabe bleibt Gott vorbehalten:
„Gewiß, diejenigen, die den Iman bekundet haben, diejenigen, die Juden wurden, die Sabia , die Nazarener, die Madschus und diejenigen, die Schirk betrieben haben, ALLAH richtet zweifelsohne zwischen ihnen am Tag der Auferstehung. Gewiß, ALLAH ist über alles Zeuge.“ (22/17)*
Was wir jedoch tun können und auch müssen ist, die Menschen nach deren Vorstellungen und deren Verhalten zu beurteilen. So ist klar erkennbar, ob ein Jude sich an seinen Glauben hält, oder nicht; ob jemand Christ ist, oder nicht. Ausgehend von diesem Wissen leiten sich dann die Umgangsformen mit den Nichtmuslimen ab. Diese werden jedoch an anderer Stellen – so Gott will – erörtert werden.
Fazit: Wir sehen, daß es unterschiedliche Spielarten dessen gibt, was einen „Ungläubigen“ ausmacht und daß nicht jede Person in jeder Hinsicht ein Ungläubiger ist. So kann man unterscheiden zwischen Gläubigen im Islam, Gläubigen im Sinne der Religionen, Gläubigen in der Tat, etc. Daher ist die gängige Übersetzung mit „Unglauben“ unzureichend und falsch und man kann dem Begriff der kafirun nicht pauschal aus alle Nichtmuslime anwenden.Vielmehr ist dieser Begriff auf eine Gruppe zutreffend, die mehrere negative Eigenschaften inne hat.
*Aus diesem Vers kann man übrigens noch die Gruppe ausmachen, die nicht im monotheistischen Sinne an Gott glaubt, sondern „Beigesellt“. Dies kann in Form von Polytheismus sein, aber auch andere irdische Götzen wie Geld, Erfolg oder das eigene Ego sind unter den Begriff des Schirk zu betrachten. Dieser ist übrigens die einzige Sünde, die Gott nicht vergibt, wobei hier die Ursache des Schirk von Wichtigkeit ist, da der Mensch nicht bestraft wird, wenn er an einer Sache keine Schuld trägt.
Quellen und Weiterfüherndes:
AT-Tafsir von A. Zaidan
Al-‚Aqida von A. ZAidan
http://www.chrislages.de/esacksta.htm
http://alrahman.de/koran/kafir-gesichter.html