Hat der Koran die Gültigkeit der Bibel aufgehoben? – Ali Munzur

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Für die meisten muslimischen Theologen ist es offensichtlich, dass die Bibel verfälscht worden ist. Es scheint, als ob die islamischen Gelehrten einen Konsens in dieser Angelegenheit getroffen hätten. Im Jahre 2006 veröffentlichten vier renommierte Wissenschaftler (Prof. Hayrettin Karaman, Prof. Mustafa Cagrici, Prof. Ibrahim Kafi Dönmez und Prof. Sadrettin Gümüs) im Auftrag der türkischen Religionsbehörde DITIB eine fünfbändige Koranexegese. In dieser wurde deutlich zum Ausdruck gebracht, dass alle Juden und Christen verpflichtet seien, die letzte Offenbarung Gottes, den Koran, zur Richtschur in ihrem Leben zu machen, da durch den Koran alle vorherigen Bücher, wie das Alte und das Neue Testament, ihre Legitimität und Gültigkeit verloren haben.

So wird in der Gemeinschaftsexegese folgendes beschrieben: „Nachdem der Koran als Rechtleitung herabgesandt wurde, sind ab dem Zeitpunkt die Juden und Christen verpflichtet, diesen mit samt seinen Anweisungen auch zu praktizieren“ (Kuran Yolu, Bd. 2, S. 287).

Der österreichische Gelehrte Muhammad Asad (gest. 1992), nahm den Koranvers 2:106 zum Anlass dafür, dass der Koran die Bibel als Ganzes abrogiert habe: „Jede Botschaft, die Wir aufheben oder dem Vergessen übergeben, ersetzten Wir mit einer besseren oder ähnlichen“ (siehe hierzu: Die Botschaft des Koran, S. 51-52).

Auch andere international renommierte Religionswissenschaftler wie z. B. Prof. Muhammed Hamidullah (gest. 2002), der in Bonn 1933 an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität seine Doktorarbeit schrieb,  unterstreicht Asads Sichtweise in Bezug auf die Bibel.

In seinem Werk „Islam und Christentum“ beschreibt Hamidullah ausführlich, dass die Bibel in seinem heutigen Zustand, abermals verfälscht worden ist und vom Koran als letztgültige Offenbarung abgelöst sei. So beschreibt er: „Und es versteht sich von selbst, dass, wenn derselbe Gesetzgeber über dasselbe Thema aufeinanderfolgende Gesetze verkündet, dass letzteres in Kraft bleibt. Hätte man zur Zeit von Moses (a) darauf bestanden, weiterhin dem Buche zu folgen, dass Abraham (a) offenbart wurde, so wäre das nicht ein Zeichen von Gehorsam gegenüber dem gesetzgebenden Gott gewesen, sondern vielmehr eine Beleidigung, die darin bestanden hätte, Seine allerletzte Weisung nicht zu befolgen. Außerdem ist der Koran von allen offenbarten Büchern das am besten Erhaltene. Die Spuren der anderen sind heute nur noch in Form von Fragmenten oder Übersetzungen vorhanden; der Koran ist vollständig und in seiner ursprünglichen Sprache erhalten, und unter Millionen von handgeschriebenen oder gedruckten Kopien und in den Gedächtnissen von denjenigen, die ihn heute noch auswendig lernen, gibt es keine Varianten. Was die Evangelien betrifft, hat die Masse der griechischen Manuskripte des Neuen Testaments „fast 200.000 Varianten hervorgebracht“ (L´Introduction ä la Bible von Robert et Feuillet, 2 Ausgabe, 1959, S. 111) (Muhammed Hamidullah, Islamiyet ve Hiristiyanlik, S. 129).

Der jüdischstämmige Orientalist und Islamforscher Prof. Ignaz Goldziher (gest. 1921), kritisierte vehement die muslimische Herangehensweise an der Bibel. Selbst Rationalisten wie Muhammad Abduh (gest. 1905) und sein Schüler Raschid Rida (gest. 1935) vertraten die Ansicht, dass der Koran die Gültigkeit aller vorherigen Offenbarungen aufgehoben habe (Tefsiru´L- Menar, Bd. 6, S. 523-533).

Nach Goldziher hegen die muslimischen Gelehrten immer noch ein Vorurteil, wenn es darum geht, ein Urteil über die Bibel zu fällen. So beschreibt er diesen Umstand wie folgt: „Man sieht, dass die Abduh-Schule für ihre rationalistische Zwecke bereitwillig auch das islamische Vorurteil von der Thora- und Evangelien Fälschung durch Juden und Christen handhabt. Dies tut sie bei jeder Gelegenheit, wo sie eine ihr missliebige Vorstellung, die aus der Bibel in den Islam eingedrungen ist, aus diesem beseitigen will“ (siehe hierzu: Die Richtungen der islamischen Koranauslegung, S. 359).

Für den Islamwissenschaftler und Koranübersetzer Prof. Hartmut Bobzin, habe der Koran die Bibel nicht außer Kraft gesetzt. Im Gegenteil, der Koran bestätige explizit das Alte und Neue Testament als Gottes kontinuierliche Offenbarung (Hartmut Bobzin, Der Koran, S. 67).

Als Belegstellen werden folgende Koranverse aufgeführt:  „Wahrlich, Wir hatten die Thora, in der Führung und Licht war, hinabgesandt. Damit haben die Propheten, die sich (Gott) hingaben, den Juden Recht gesprochen, und so auch die Rabbiner und die Gelehrten; denn ihnen wurde aufgetragen, das Buch Gottes zu bewahren, und sie waren seine Hüter“ (5:44).

Wir ließen ihnen Jesus, den Sohn der Maria, folgen; zur Bestätigung dessen, was vor ihm in der Thora war; und Wir gaben ihm das Evangelium, worin Rechtleitung und Licht war, zur Bestätigung dessen, was vor ihm in der Thora war und als Rechtleitung und Ermahnung für die Gottesfürchtigen. Und die Leute des Evangeliums sollen sich nach dem richten, was Gott darin offenbart hat; und die sich nicht nach dem richten, was Gott herabgesandt hat, das sind die (wahren) Frevler“ (5:46-47).

Und Wir haben das Buch mit der Wahrheit zu dir herabgesandt, das bestätigt, was von der Schrift vor ihm da war und darüber Gewissheit gibt; richte also zwischen ihnen nach dem, was Gott herabgesandt hat und folge nicht ihren Neigungen (der Götzendienern), von der Wahrheit abzuweichen, die zu dir gekommen ist. Für jeden von euch haben Wir Richtlinien und eine Laufbahn bestimmt. Und wenn Gott gewollt hätte, hätte Er euch zu einer einzigen Gemeinde gemacht. Er wollte euch aber in alledem, was Er euch gegeben hat, auf die Probe stellen. Darum sollt ihr um die guten Dinge wetteifern. Zu Gott werdet ihr allesamt zurückkehren; und dann wird Er euch das kundtun, worüber ihr uneins wart“ (5:48).

Für den ehemaligen Religionsminister der Türkei Prof. Süleyman Ates, sind die obigen Koranverse Indizien dafür, dass die Bibel trotz ihrer teilweise entstellten Version, durch ihre Grundprinzipien die Menschen dennoch rechtleitet. Außerdem erwähne der Koran an keiner Stelle, dass die Bibel als solche abrogiert worden ist. Vielmehr wird vom Koran unmissverständlich bestätigt, dass die Heilige Schrift (Bibel) ein Licht und eine Rechtleitung ist. Ates sagt: „Der Koran fordert die Juden und Christen nicht auf, sich von ihren Büchern loszulösen. Vielmehr fordert er sie auf, die Gebote ihrer Heiligen Schriften zu befolgen und zu praktizieren“  (Islam´da Güncel Tartismalar, S. 14).

Wahrlich, Wir hatten die Thora, in der Führung und Licht war, hinabgesandt“ (5:44).

Und die Leute des Evangeliums sollen sich nach dem richten, was Gott darin offenbart hat“ (5:47).

Bereits Jahre zuvor bekundete der islamische Denker und iranische Ministerpräsident Mehdi Bazargan (gest. 1995), dass es: „nicht die Absicht des Koran sei, das Evangelium für ungültig zu erklären oder die christliche Religion als überholt zu betrachten […]Er (Der Koran) lehnt die Tora und die Evangelien nicht ab und sagt nicht, dass sie vernichtet werden müssen, weil sie alt und unvollständig seien, sondern bezeichnet sich selbst als Beschützer und Bewahrer der Schrift(Mehdi Bazargan, Und Jesus ist sein Prophet, S. 28-29).

Der Koran beabsichtigt eine unverkennbare Intention, wenn es darum geht, einen Diskurs mit der Bibel zu führen. Es geht ihm in erster Linie darum, bestimmte Überlieferungen der Bibel im Lichte des 7. Jahrhunderts noch einmal in einem neuen Kontext zu betrachten. Der Evangelische Theologie Professor Paul Schwarzenau, beschreibt die koranische Methode wie folgt: „In den Koran fließen also Überlieferungsströme wieder ein, die durch die Kanonisierung von Altem und Neuem Testament eingeschränkt oder ausgeschlossen worden sind. Wenn man das auch nicht eine „Fälschung“ der Überlieferung nennen will, so stellt es doch eine erhebliche Umbiegung und Vereinseitigung der Überlieferung dar, die, so gesehen der Koran richtigstellt und, durch Nachoffenbarung wider vervollständigt. Es ist eine Tatsache, dass die jesuanische und urchristliche Überlieferung nicht ungebrochen in das Neue Testament übergangen ist. Der Koran ist die Ergänzung zum Neuen Testament“ (Korankunde für Christen, S. 124).

Der Koran bestätigt in unzähligen Versen, dass sie im Grunde keine neue Botschaft darstelle, sondern die voraus gegangenen Schriften ergänze: „Dies stand wahrlich in den ersten Schriften den Schriften Abrahams und Moses“ (87:18-19).

Aus diesem Grund, ist es unschwer,  Parallelen in den heiligen Schriften zu finden, wie z. B:

Sprich: “Wäre das Meer Tinte für die Worte meines Herrn, wahrlich, das Meer würde versiegen, ehe die Worte meines Herrn zu Ende gingen, auch wenn wir noch ein gleiches als Nachschub brächten“ (Koran 18:109).

Von dem Tora- Gelehrten Jochanan ben Zakkai (gest. um 100 n. Chr.) wird folgendes überliefert:

Wenn alle Himmel Pergamente und alle Bäume Schreibrohre und alle Meere Tinte wären, so würde das nicht genügen, meine Weisheit aufzuschreiben, die ich von meinem Lehrer gelernt habe; und doch habe ich von der Weisheit der Weisen nur so viel genossen, wie eine Fliege, die in das Weltmeer taucht, von diesem wegnimmt“  (Vgl. Hermann L. Strack/Paul Billerbeck, Kommentar zum Neuen Testament aus Talmud und Midrasch, Bd. 2, S. 587, München 1956).

Schließlich wird über Jesus (a) gesagt: „Es sind noch viele andere Dinge, die Jesus (s) getan hat. Wenn aber eins nach dem andern aufgeschrieben werden sollte, so würde, meine ich, die Welt die Bücher nicht fassen, die zu schreiben wären“ (Johannes, Kapitel 21:25).

 


Quelle: http://antikezukunft.de/2012/10/06/hat-der-koran-die-gultigkeit-der-bibel-aufgehoben/

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