Es gibt tatsächlich verschiedene Interpretationen im Bezug auf das Handschneiden des Diebes im Islam. Traditionelle Moslems wie Sunniten oder Schiiten folgen in erster Stelle bei den Interpretationen der Koranverse ihren Hadith-Büchern, die sie all die Jahre pflegten und als Quelle des Wissens betrachteten. Die Gelehrten sind nicht mal einig, wo die Grenze des Hand-Schneidens sei, obwohl im Koran wortwörtlich das Wort „HAND“ steht, und nicht Ober- oder Unterarm.
Die Übersetzung, die wir hier haben, beruht im wahrsten Sinne auf Interpretationen der Sekten, da die meisten Übersetzer des Koran beim Nicht-Verstehen mancher Verse zu den Interpretationen ihrer Gelehrten zugreifen. Und so bekommen wir statt die wortgetreue Wiedergabe des Koran eine Übersetzung ihrer Rechtsschulen.
والسارق والسارقة فاقطعوا أيديهما جزاء بما كسبا نكلا من الله والله عزيز حكيم
5:38 Dem Dieb und der Diebin trennt die Hand ab, als Vergeltung für das, was sie sich erworben haben – eine Strafe von ALLAH. Und ALLAH ist Allwürdig, Allweise.
Doch Der Allmächtige Herr hat uns im Koran nichts außer Acht gelassen. Deshalb brauchen wir beim Lesen und verstehen des Koran nichts außer Glaube und vertrauen.
Was heißt Schneiden
Das Wort قطع [Qataa´a] bedeutet ganz einfach „schneiden“ und hat wie in jeder anderen Spache mehr als eine Bedeutung
- Englisch: Cut = einen Schnitt machen oder abtrennen
- Deutsch: Schneiden = einen Schnitt machen oder abtrennen
- Arabisch: Qataa´a = einen Schnitt machen oder abtrennen
Wenn Man sagt: „Man schnitt sich die Hand“, dann heißt das, dass man sich eine Wunde zugefügt hatte, und nicht unbedingt seine Hand abtrennte, außer man setzt ein Adjektiv oder eine Präposition zum Verb, die den Prozess des Schneidens genauer beschreiben: „Man schnitt das Blatt durch„, „Man schnitt den Kuchen in Teilen„.
Sura Josef 12:31 bestätigt diese Aussage und zeigt uns, was unter „Hand schneiden“ zu verstehen ist:
فلما سمعت بمكرهن أرسلت إليهن وأعتدت لهن متكءا وءاتت كل وحدة منهن سكينا وقالت اخرج عليهن فلما رأينه أكبرنه وقطعن أيديهن وقلن حش لله ما هذا بشرا إن هذا إلا ملك كريم
12:31 Als sie von ihrem heimtückischen Gerede hörte, lud sie sie ein und bereitete ihnen ein Festmahl. Jeder von ihnen gab sie ein Messer und sprach zu Joseph: „Tritt zu ihnen hinaus!“ Als sie ihn erblickten, fanden sie ihn berückend, schnitten sich in ihre Hände (arabisch: Qattaa´na, plural feminin) und sprachen. „Gott bewahre! Das ist kein Mensch! Nichts anderes als ein edler Engel ist er.“
Die beiden Wörter „Hand-Schneiden“ kommen insgesamt 7 Male im Koran vor und zwar in den Versen 5:33, 5:38, 7:124, 12:31, 12:50, 20:71, 26:49. Fünf Verse davon (5:33, 7:124, 12:50, 20:71, 26:49) kommen mit einem Adjektiv, das den Prozess des Schneidens genauer beschreibt und zwei (5:38, 12:31) stehen frei ohne Adjektive oder Präpositionen. Diese beiden Verse haben wir bereits oben gezeigt und wenn man Sura- und Versnummer von jedem Vers zusammenrechnet, dann bekommt man jeweils 43:
Sura 5 + Vers 38 = 43
Sura 12 + Vers 31 = 43
ZUFALL???
Damit versichert uns unser Herr, dass beide Verse nicht nur bei der Schreibweise identisch sind, sondern auch, wenn man Sura- und Versnummer zusammenberechnet.
Der Schnitt als Merkmal
Für die Frage, warum auf der Hand des Diebes einen Schnitt gemacht wird, und was der Sinn solcher Handlung sei, gibt es für mich persönlich eine Erklärung.
Es ist schon eine alte Tradition, dass man als Zeuge im Gericht erstmal vor seiner Zeugenaussage die Hand hebt und schwört, dass man die Wahrheit sagt und nichts als die Wahrheit, so wahr Gott helfe. Diese Handlung ist immer noch in Gerichten vorhanden, falls das Gericht das Schwören des Zeugen für nötig hält. Das Handheben im Gericht diente damals dazu, dass der Zeuge keine Schnittnarbe auf seiner Hand aufweist, als Zeichen für die Gültigkeit seiner Zeugenaussage. Denn wer mal gestohlen hatte und solch ein Zeichen bekam, dem gilt seine Zeugenaussage vor Gericht nicht.
Die Strafe für den Diebstahl
Einen zweiten Hinweis über Diebstahldelikt im monotheistischen Glauben der Familie Abrahams, der ja bekanntlich als erster Baustein der islamischen Religion war, wird uns bei der Geschichte von Josef erzählt (da Josef Sohn Jakobs, Sohn Abrahams war). Ich möchte hier nicht alle Einzelheiten der Geschichte angehen, sondern wir begnügen uns mit dem Teil, wo Josefs Söldner die Brüder beschuldigten, den Pokal des Königs gestohlen zu haben. In Vers 12:74 lesen wir, wie die Söldner die Brüder (die Söhne Jakobs) nach der Strafe des Diebstahls fragen:
12:74 Jene sprachen: „Was soll dann die Strafe dafür sein, wenn ihr Lügner seid?“
12:75 Sie antworteten: „Die Strafe dafür sei: der, in dessen Satteltasche er (der Pokal des Königs) gefunden wird, soll selbst Entgelt dafür sein. Also lohnen wir den Übeltätern.“
Vers 12:74 deutet auf das Gesetz, das Jakob seinen Söhnen beigebracht hatte und unter seinem Stamm ausführte. Es geht um die gemeinnützige Arbeit, die der Dieb verrichten muss, um seine Schuld bei dem Bestohlenen begleichnen zu können. Die gerechte Strafe ist das Gesetz Gottes und darf kein anderer; außer der Schuldige; auf sich nehmen, so wie Josef den Brüdern in den nächsten Versen erklärt:
12:78 Sie (die Brüder) sprachen: „O Hochmögender, er hat einen greisen Vater, so nimm einen von uns an seiner Statt; denn wir sehen, du gehörst zu denen, die Gutes tun.“
12:79 Er (Josef) antwortete: „Gott behüte dass wir einen andern nehmen sollten als den, bei dem wir unser Eigentum gefunden haben; wir wären sonst wahrlich ungerecht.“
Es ist auf jeden Fall unbarmherzig gegenüber einen Menschen, der aus Not gestohlen hat, seine Hand abzutrennen. Damit hat man erreicht, dass dieser Mensch nie mehr im Leben richtig arbeiten kann und seine Familie würde noch ärmer werden. Nur leider so weit denken manche Menschen nicht, sondern nur versteift auf Gewalt und Leid, um ihre barbarischen Neigungen zu befriedigen, dabei ist aber Gott der Erbamer, der barmherzige und der gnädige ist.
Salam
Quelle: http://hanif.de/index.php?p=2471