Auf der folgenden Seite findet man einen Versuch der Ahlu-Sunna die sogenannten Quraniten zu widerlegen: http://www.ahlu-sunnah.com/threads/35914-Widerlegung-gegen-die-Qur%CA%BE%C4%81niyyah! Dabei werden keine neuen Argumente vorgelegt, sondern es wird alter Wein in neuen Schläuchen präsentiert und dies für eine Widerlegung gehalten. Dabei verfängt der Autor sich jedoch in Zirkelschlüssen und kommt zu Schlussflogerungen auf Grund falscher Informationen. Dies will im folgenden kurz darlegen.
Unter 1 behauptet der Autor, dass es sich bei der Lehre nur dem Koran zu folgen um eine Erscheinung des 19. Jahrhunderts handeln würde. Dies ist jedoch falsch. Schriftliche Belege für eine solche Sichtweise kann man bereits in den Ahadith finden, wobei Sunniten natürlich diese Ahadith vollkommen anders deuten, als Quraniten. Aber auch zu Lebzeiten al-Shafis muss es diese Meinung gegeben haben, sonst hätte er kein Buch zu diesem Thema verfasst. Nähere Informationen dazu sowie eine Übersetzung des Buches findet sich hier: http://www.amazon.de/gp/product/0230605354?ie=UTF8&tag=ahmadskleines-21&linkCode=as2&camp=1638&creative=6742&creativeASIN=0230605354
Der Autor hat sich an dieser Stelle schlicht nicht richtig informiert.
Unter 2 schreibt der Autor über die Gefahr der eigenen Interpretation des Koran. Dazu ist zu sagen, dass diese Gefahr immer gegeben ist. Unabhängig davon, ob man nun die Ahadith in seine Überlegungen miteinbezieht oder nicht. Das werden wir unter Punkt drei sehen, wo der Autor für seine Sichtweise Koranverse anführt, die er nach belieben selbst interpretiert, damit am Ende dann der in seinen Augen notwendige Zwang zur Befolgung der Ahadith entsteht.
Der Autor versucht des weiteren mit einigen Beispielen zu punkten. So stellt er die These auf, die Quraniten würden die Ansicht vertreten Homosexualität sei nicht verboten. Diese Aussage trifft zunächst einmal nicht auf alle Quraniten zu. Des weiteren gibt er die Argumentation derjenigen, die diese Meinung haben falsch wieder – offenbar um diese Meinung zu diskreditieren. Wer sich mit der kompletten Herleitung dieser Sichtweise beschäftigen will: http://meine-islam-reform.de/index.php/artikel/34-koran/47-homokoran.html
Als nächstes wendet er sich den Bekleidungsregeln zu. Auch hier ignoriert er die komplette Argumentation: http://meine-islam-reform.de/index.php/artikel/fiqh/336-hijabkoran.html
Es ist unsinnig Meinungen widerlegen zu wollen, indem man Koranverse anführt, die doch ebenfalls für diese Meinung genutzt wurden.
Als weiteren Punkt greift er die Höhe der Zakat auf und behauptet, da es keine konkrete Höhe für Zakat gäbe dürfe jeder so viel Zahlen, wie er wolle. Auch hier hat er sich offenbar nicht mit der quranitischen Sichtweise auseinandergesetzt: http://meine-islam-reform.de/index.php/artikel/fiqh/354-zakat.html
Unter 3 kommen wir nun zum eigentlichen Kernpunkt. Der Autor versucht etliche Koranverse so zu interpretieren, dass sie seinem Gusto entsprechen. Er führt die üblichen Verse an und scheut sich auch nicht davor 59/7 zu nennen, obwohl sich dieser auf Beuteverteilung bezieht und nicht auf Rechtslehren. Detaillierte Widerlegungen zu allen genannten Versen findet man hier:
http://meine-islam-reform.de/index.php/artikel/fremdtexte/408-hadithe-der-feind-im-inneren.html
http://meine-islam-reform.de/index.php/artikel/allgemein/358-gesandtenfolgen.html
Leider greift der Autor nur eines der Gegenargumente heraus um dies näher zu bearbeiten:
Man muss hier anmerken, dass die Qurʾāniyyah behaupten, dass man den Gesandten Allāhs, Allāhs Segen und Heil auf ihm, durch das Befolgen des Qurʾāns gehorchen soll. Dies lässt sich jedoch sehr leicht widerlegen. Wenn man nur den Qurʾān befolgen sollte, dann würde es ausreichen, wenn in den Versen des Qurʾān stehen würde: „Gehorcht Allāh“; jedoch ist dies nicht der Fall. Im Qurʾān steht: „Gehorcht Allāh und seinem Gesandten“.
Wie können wir denn den Gesandten gehorchen, wenn er tot ist?? Logischerweise ist dies nur möglich durch schriftliche Überlieferungen des Propheten; also durch die Sunnah.
Da der Gesandte auch ein weltlicher Führer war ist es nur logisch, dass man auch seinen Anweisungen folge leisten soll. Dies macht diese Anweisungen aber eben zu keinem Bestandteil des Islam. Wenn der Prophet nun aber tot ist, so macht er auch keine Anweisungen mehr und folglich gibt es da nichts zu befolgen. Nun meint der Autor, dass man ja noch die alten Befehle befolgen könnte, die man dann natürlich erst aufschreiben musste, sammeln musste, prüfen musste, damit dann ca. 200 Jahre später überhaupt erst einmal ein Textkorpus zur Interpretation der richtigen Verhaltensweise vorliegt. Um es nochmals zu raffen: laut dem Autor verfährt Allah dergestalt, dass er ein Buch sendet, welches bereits zu Lebzeiten des Propheten schriftlich vorlag, dessen Endredaktion bereits von den rechtgeleiteten Kalifen vorgenommen wurde (laut den entsprechenden Überlieferungen) und dann lässt Allah es zu, dass man erst noch 200 Jahre wartet, bis die übrigen Anweisungen von findigen Gelehrten überprüft und katalogisiert wurden. Laut dem Koran wurde die Religion des Islam bereits zu Lebzeiten des Propheten vollendet, laut dem Autor hätte es dann aber erst noch 200 Jahre gedauert, bis das ganze wirklich vollständig vorlag. Eine absurde These. Doch bleiben wir beim Wortlaut: dem Gesandten folgen bedeutet nicht dem zu folgen was andere behaupten, was er Gesandte gesagt haben soll. Die Argumentation entlarvt sich im folgenden selbst. Der Autor schreibt:
Nehmen wir einmal an, ein Vater sagt zu seinem Kind: Höre auf mich und auf deinem Großvater und nehme dir ein Beispiel an uns. Für das Kind wäre dann klar, dass es darauf hören soll, was der Vater und was der Großvater ihm vorschreibt und dass es in bestimmten Situationen genauso handeln soll. Das Kind würde in so einem Fall niemals auf die Idee kommen, zu sagen, dass es reicht, wenn es auf seinem Vater hört.
Doch genau dies tun die Qurʾāniyyah, indem sie sagen, dass der Qurʾān reicht, obwohl im Qurʾān klar und deutlich steht „Gehorcht Allāh und seinem Gesandten“. Würden die Qurʾāniyyah dann die Behauptung bringen, dass der Prophet schon gestorben ist, so muss gesagt sein, dass der Qurʾān für immer gültig ist und dementsprechend die Verse immer noch gültig sind!!
Was würde denn in so einem Fall das Kind tun? Das Kind würde seinen Vater fragen, wie es auf seinem Großvater hören soll und wie er sich ein Beispiel an ihn nehmen soll, wenn er bereits verstorben ist und man stelle sich vor, es gäbe Tagebücher von seinem Großvater. Selbstverständlich würde das Kind in so einem Fall die Tagebücher des Großvaters lesen, um zu schauen, wie sein Großvater gelebt hat, damit es sich ein Beispiel daran nehmen kann. Das Kind würde niemals auf die Idee kommen zu sagen, dass die Tagebücher gefälscht sein können.
Genau das ist der Punkt: gäbe es Tagebücher dann gäbe es diese Diskussion nicht. Es gibt aber keine Tagebücher des Propheten. Nichts hat der Prophet schriftlich hinterlassen. Überlegen Sie einmal selbst, wie die Geschichte ausginge, wenn der Großvater nichts hinterlassen hätte, aber Jahre später Gelehrte des Großvaters auftauchen würden, die behaupten, sie hätten sich aufgemacht und alle möglichen Personen, die den Großvater mal gehört hätten befragt und die Ergebnisse analysiert, zusammengefasst und die Quellen auf Authenzität geprüft. Stellen Sie sich ferner vor im Abschluss findet der Junge dann folgendes:
Sahih Muslim Buch 41, Nummer 7005:
Ibn Umar reported that Allah’s Messenger (may peace be upon him). made a mention of Dajjil in the presence of the people and said: Allah is not one-eyed and behold that Dajjal is blind of the right eye and his eye would be like a floating grape.
In Buch 41, Nummer 7010 heißt es hingegen:
Hudhalfa reported that Allah’s Messenger (may peace be upon him) said: Dajjal is blind of left eye with thick hair and there would be a garden and fire with him and his fire would be a garden and his garden would be fire.
Was würde der Junge dann wohl tun? Natürlich würde er die Gelehrten freundlich nach draußen bitten…
Zu Punkt 4 gibt es eigentlich nicht viel zu sagen, außer dass es natürlich auf der Hand liegt, dass man auch mit den Quellen dessen arbeitet, den man kritisiert, damit diesem klar wird, dass sogar seine Quellen auf die Tatsache hindeuten, dass mit den Überlieferungen etwas nicht so ganz stimmt. an der Stelle dann einen Gelehrten zu zitieren, der an diese Überlieferungen glaubt ist dann jedoch wiederum ein Zirkelschluss. Damit kann man alles belegen. Die Bibel hat recht, weil der Theologe das sagt.
Die Qurʾāniyyah nehmen des Weiteren folgenden Ausspruch des Propheten, als Beweis gegen uns:
„Ich hinterlasse euch das, woran ihr festhalten sollt: Das Buch Gottes.“
(Muslim, Abū Dāwūd)Wieder frage ich mich, aus welchem Grund sie Beweise aus unseren Quellen nehmen, um uns zu widerlegen? Wenn doch die aḥādīth sowieso „falsch“ sind, wieso nehmen sie diese dann, um uns zu widerlegen?
Ich führe nun einmal folgenden Ḥadīth an:
„Wer Abneigung gegen meine Sunnah hat, gehört nicht zu mir“ (al-Bukhārī, Muslim)
Kein Mensch der Welt würde behaupten, dass man nur der Sunnah folgen soll, wenn er diesen Ḥadīth liest! Denn nur weil in diesem Ḥadīth die Rede davon ist, dass man die Sunnah nicht ablehnen darf, bedeutet dies noch lange nicht, dass man nur der Sunnah befolgen soll und nicht den Qurʾ ān.
Genauso ist es mit dem anderen Ḥadīth, wo es heißt, dass man an dem Buch Gottes festhalten soll. Würde dieser Ḥadīth bedeuten, dass man der Sunnah nicht folgen darf, dann hätte doch der Prophet, Allāhs Segen und Heil auf ihm, sagen können: „Ich hinterlasse euch das, woran ihr einzig und allein festhalten sollt!“ Doch dies ist nicht der Fall. Aus diesem Grund kann dieser Ḥadīth nicht als Beweis gegen uns genommen werden!
Auch hier geht dem Autor vollständig das Verständnis für die Thematik ab oder er führt bewusst in die Irre. Hätte er sich nämlich mit der Argumentation beschäftigt, so hätte er bemerkt, dass dieser Hadith im Zusammenhang mit zwei weiteren Ahadith steht. Ich zitiere hier die Passage aus dem entsprechenden Artikel:
1. Version: Ich hinterlasse euch das Buch Gottes und meine Angehörigen (Ahl Al-Bayt). Muslim 44/4, Nr. 2408; Ibn Hanbal 4/366; darimi 23/1, Nr. 3319.
Dies ist die Version, welche die Schiiten unterstützen und akzeptieren.
2. Version: Ich hinterlasse euch, woran ihr festhalten sollt, das Buch Gottes und meine Sunna. Muwatta 46/3
Diese Version wird von den Sunniten angenommen.
3. Version: Ich hinterlasse euch das, woran ihr festhalten sollt: Das BUCH GOTTES. Muslim 15/19, Nr. 1218; Ibn Majah 25/84, Abu Dawud 11/56.
Und NUR das Buch Gottes. Dies ist die EINZIGE Version, welche die wiederholte Nachricht bestätigt: Mohammed überlieferte NUR den Koran. Viele Sunniten und Schiiten wissen nicht einmal, dass DIESE Version überhaupt existiert. In Wirklichkeit wollen sie es nicht wissen. Die Wahrheit tut bekanntlich weh.
Daraus leitet sich dann auch ab, wieso es sich bei dem Hadith um einen Ausschließlichkeitsanspruch handelt.
Unter Punkt 5 vertritt der Autor die Meinung, dass im Koran stünde, dass der Prophet diesen erläutern würde:
Die Qurʾāniyyah behaupten des Öfteren, dass der Qurʾān keine weitere Erklärung benötigt, weil er vollständig ist.
Allāh, der Erhabene, sagt im Qurʾ ān:
„Wir haben dir den Qurʾān herabgesandt, damit du den Menschen erklärst, was ihnen herabgesandt wurde“.
(16:44)
Und Allāh, gepriesen und erhaben ist er, sagt im Qurʾ ān:„Er ist es, der zu den Analphabeten einen Gesandten (Muḥammad) aus ihrer Mitte geschickt hat, damit er ihnen Seine Verse vorträgt, sie erläutert und sie das Buch und die Weisheit lehrt; sie waren vordem im offensichtlichem Irrtum.“ (62:2)
Wäre der Qurʾ ān doch so verständlich, dass jeder Mensch ihn verstehen würde ohne die Hilfe von irgendjemanden, dann sollte man sich fragen, aus welchem Grund in der Sūra 16 Vers 44 und in Sura 62 Vers 2 steht, dass der Prophet, Allāhs Segen und Heil auf ihm, den Leuten den Qurʾān bzw. die Verse aus dem Qurʾān erklären soll. Hier muss wieder angemerkt werden, dass der Prophet nicht mehr lebt. Er kann uns den Qurʾān also nur durch aufgeschriebene Aussprüche erklären; also durch die Sunnah.
16/44 belegt nichts, denn man kann den Vers ebenso gut mit „verkünden“ anstatt erklären übersetzen. Dies liegt daran, dass es sich bei dem Vers um den Begriff „litubeyyine“ handelt, der einfach nur „sichtbar machen“ bedeutet. Wie dieses „sichtbar machen“ zu verstehen ist, ist eine Frage der Interpretation. Dies schlägt sich denn auch in verschiedenen Übersetzungen nieder:
Bialbayyinati waalzzuburiwaanzalna ilayka aldhdhikra litubayyina lilnnasima nuzzila ilayhim walaAAallahum yatafakkaruuna
Wir entsandten sie vor dir mit klaren Beweisen und den Büchern. Wir haben dir den Koran herabgesandt, damit du den Menschen die ihnen zugedachte Offenbarung klar verkündest, auf dass sie nachdenken mögen. (Azhar)
(Wir haben sie) mit den klaren Beweisen (baiyinaat) und den Büchern (zubur) (gesandt). Und wir haben (nunmehr) die Mahnung zu dir hinabgesandt, damit du den Menschen klarmachst, was (früher) zu ihnen hinabgesandt worden ist, und damit sie vielleicht nachdenken würden. (Paret)
Mit 62/2 verhält es sich ähnlich:
Er ist es, Der unter den Schriftunkundigen einen Gesandten von ihnen hat erstehen lassen, der ihnen Seine Zeichen verliest, sie läutert und sie das Buch und die Weisheit lehrt, obgleich sie sich ja zuvor in deutlichem Irrtum befanden -, (Bubenheim)
Er ist es, Der zu den Analphabeten einen Gesandten aus ihrer Mitte geschickt hat, damit er ihnen Seine Verse vorträgt, sie läutert und sie das Buch und die Weisheit lehrt; sie waren vordem im offensichtlichen Irrtum. (Azhar)
ER ist Derjenige, Der zu den Analphabeten einen Gesandten von ihnen schickte, der ihnen Seine Ayat vorträgt, sie reinigt und sie die Schrift und die Weisheit lehrt. Und sie waren vorher doch in einem eindeutigen Irregehen. (Zaidan)
Er ist es, der unter den Heiden (fie l-ummieyiena) einen Gesandten aus ihren eigenen Reihen hat auftreten lassen, der ihnen seine Verse verliest, sie (von der Unreinheit des Heidentums) läutert und sie die Schrift und die Weisheit lehrt. – Früher befanden sie sich offensichtlich im Irrtum. – (Paret)
Er ist es, Der unter den Analphabeten einen Gesandten aus ihrer Mitte erweckt hat, um ihnen Seine Verse zu verlesen und sie zu reinigen und sie die Schrift und die Weisheit zu lehren, obwohl sie sich zuvor in einem offenkundigen Irrtum befanden , (Rasul)
Es findet sich also kein Beleg dafür, dass der Gesandte der Koran erläutern würde. Stattdessen tritt die Gefahr der Eigeninterpretation zum Vorschein. Ebenso verhält es sich mit den weiteren Versen, die der Autor anführt:
In Sūra 16:43 sagt Allāh, der Erhabene:
„So fragt die Leute des Wissens“
Wieso sollen wir denn die Leute des Wissens befragen, wenn doch, wie die Qurʾ āniyyah behaupten, jeder Mensch, ohne irgendwelche Erklärungen, den Qurʾān verstehen kann?
Ganz abgesehen davon, dass sich dieser Vers in einster Weise mit Koranexegese beschäftigt, sondern mit früheren Offenbarungen:
Und vor dir entsandten Wir (auch) nur Männer, denen Wir die Offenbarung gegeben haben; so fragt die, welche die Ermahnung besitzen, wenn ihr (etwas) nicht wisset. (Rasul)
Was sagen eigentlich sie sunnitischen Exegeten zu diesem Vers?
Die Kenner der Thora und Evangeliums. (Al-Dschalalain)
Folglich dreht sich der Vers auch aus sunnitischer Perspektive nicht um den Koran.
Allāh sagt im Qurʾān:
„Sie können gewiss nicht eher als Gläubige gelten, bis sie dich über ihre Streitfragen entscheiden lassen, deine Entscheidung willig annehmen und sich völlig fügen“ (4:65)
Wenn doch der Qurʾ ān keine weitere Erklärung benötigen würde und er angeblich vollständig wäre, wieso sagt Allāh dann im Qurʾān, dass man bei Streitfragen den Gesandten Allāhs entscheiden lassen soll, ansonsten gilt man nicht als Gläubiger? Wieso soll man denn den Gesandten entscheiden lassen, wenn doch der Qurʾān vollständig wäre und wie können wir eigentlich den Gesandten entscheiden lassen, wenn er doch tot ist?
Dies ist nur durch schriftliche Überlieferungen möglich; also durch die Sunnah.
Natürlich ist er Gesandte eine größere Autorität. Insofern fungiert er auch als Richter bei Streitigkeiten. Was das mit Koranexegese zu tun haben soll erklärt der Autor leider nicht. Im übrigen kann man auch durch die Sunnah den Gesandten nicht direkt urteilen lassen. Nicht umsonst hat sich im innerislamischen Recht der Analogieschluss als weitere Rechtsquelle etabliert. Insofern sind die Ausführungen des Autors falsch und zeugen von wenig Kenntnis der Bestandteile des Fiqh. Wenn der Gesandte tot ist, dann kann er schlicht nicht richten. Das mag ein Problem für diejenigen sein, die der Ansicht sind, alle Gebote des Koran könnten immer angewandt werden. Dass der Koran jedoch etliche zeitgebundene Regeln enthält wird bei dieser Sichtweise jedoch ignoriert.
Allāh sagt im Qurʾān:
„Allāhs Worte liegen in Wahrheit und Gerechtigkeit im (Qurʾān) vollständig vor. Unveränderlich sind seine Worte. Er hört alles und weiß alles.“ (6:115)
Diesen Vers verwenden die Qurʾ āniyyah gegen uns, indem sie behaupten, dass Allāh sagt, dass der Qurʾān vollständig ist und dass man aus diesem Grund nichts Anderes benötigt, als den Qurʾān, weil er eben vollständig ist. Dies lässt sich jedoch wieder sehr leicht widerlegen. Hat denn irgendjemand das Gegenteil behauptet? Hat irgendjemand gesagt, dass der Qurʾān nicht vollständig ist? NEIN.. subḥānallāh. Der Qurʾān ist vollständig und dies bezweifelt kein aufrichtiger Muslim. Gemeint ist jedoch, dass der Qurʾān als Buch an sich vollständig ist und dass im Qurʾān nichts fehlt; d.h. Allāh, der Erhabene, wollte nicht, dass noch mehr im Qurʾān steht und er wollte auch nicht, dass weniger im Qurʾān steht. Diese Tatsache schließt aber noch lange nicht aus, dass man dennoch ein weiteres Buch benötigt, um den Islām richtig zu praktizieren.
Nehmen wir einmal ein Beispiel. Ein Autor schreibt ein Buch über die Tiermedizin. Er brauch beispielsweise 5 Jahre für die Veröffentlichung. Wenn er fertig ist, sagt er, dass das Buch vollständig ist. Bedeutet dies gleich, dass er sagt, dass man sich kein anderes Buch über die Tiermedizin kaufen soll? Und was ist, wenn ein anderer Autor ein Buch vefasst, welche als nähere Erklärung zu dem Buch des Autors dient? Würde dann irgendjemand auf die Idee kommen, dass man dies nicht benötigt, weil der andere Autor doch sagte, dass sein Buch vollständig ist? Nein..auf die Idee würde kein Mensch der Welt kommen, denn wenn etwas vollständig ist, so sagt dies nur aus, dass der Verfasser nicht mehr und nicht weniger wollte!
Somit ist die Argumentation der Qurʾ āniyyah hinfällig.
Diese Argumentation ist in sich vollkommen absurd. Weder ist Gott ein beliebiger Autor, noch der Koran ein Buch über Tiermedizin. Viel sinnvoller wäre es zu überlegen, wie es sein kann, dass die Worte Allahs vollständig vorliegen, es aber Hadith Qudsi gibt, also Ahadith, die Gottesworte beinhalten sollen.
Aber der Autor sagt ganz richtig, dass der Autor des Buches nicht mehr wollte. Er wollte keine Ahadith, er wollte nur den Koran. Im Koran steht nicht „lernt die Sunnah“. Im Koran steht: „lernt den Koran“.
Ferner ist der Koran eine Rechtleitung. Wie kann der Koran eine Rechtleitung sein, wenn er unvollständig ist?
Unter Punkt 6 verweist der Autor auf Imam Al-Shafi und die Bedeutung des Begriffes Weisheit. Hierzu ein Link:
http://meine-islam-reform.de/index.php/artikel/ahadith/350-shafiexegese.html
Weder bezieht sich „Weisheit“ auf etwas anderes, als den Koran, noch ist Al-Shafis Interpretation unumstritten, noch bedeutet „und“ im Arabischen immer eine Erweiterung. An den Ausführungen des Autors zu diesem Thema ist eigentlich nichts richtig.
Punkt 7 besteht aus Selbstbeweihräuscherung sunnitischer Gelehrter. Zahlreiche inhaltliche Widersprüche innerhalb der Ahadith belegen jedoch, dass die Methodik offenbar fehlerhaft ist:
http://meine-islam-reform.de/index.php/artikel/ahadith/interessante-ahadith.html
Aber natürlich hat der Autor recht, wenn er meint, dass auch der Koran gefälscht sein könnte. Das weiß man eben nicht und das ist auch nicht überprüfbar. Es ist eine Frage des Glaubens. allerdings wurde des Koran wesentlich früher schriftlich fixiert als die Ahadith. Insofern halte ich den Koran – zumal er keine Fehler enthält – für wesentlich authentischer, als die Ahadith, die sich teilweise sogar mit dem Koran nicht in Einklang bringen lassen.
http://meine-islam-reform.de/index.php/artikel/ahadith/63-problematik-der-ueberlieferungen-.html
http://meine-islam-reform.de/index.php/artikel/ahadith/319-koranalleine.html
http://meine-islam-reform.de/index.php/artikel/ahadith/381-donnerstagsunglueck.html
Die Punkte 8 und 9 benötigen keine Widerlegung, da sie bereits in den vorherigen Punkten behandelt wurden.
Auch dieser Autor war nicht in der Lage eindeutige Beweise vorzulegen, die bestätigen würden, dass die Sunnah des Propheten eine rechtliche Relevanz besitzen. Es wurden die üblichen Koranverse zitiert und die Behauptung aufgestellt, dass diese bedeuten würden, man würde die Verhaltensweise des Propheten außerhalb des Koran finden. Ferner geht der Autor nur auf einen Bruchteil der Gegenargumente ein. Diese sind in den Links in großer Zahl zu finden.
Abschließend:
http://www.alrahman.de/hadith-und-sunna/zuverlaessigkeit-der-ahadith
http://meine-islam-reform.de/index.php/artikel/fremdtexte/408-hadithe-der-feind-im-inneren.html