Islam und Demokratie

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Demokratie. Ein Wort, welches unter Muslimen häufig Ablehnung hervorruft. Ein Wort, welches Islamkritiker und solche, die es sein wollen veranlasst, dem Islam jeglichen Bezug zur Moderne abzusprechen. Ein Wort, welches vermeintlich den Willen des Menschen über den Willen Gottes stellt.

Doch was sagt der Koran dazu?

Was ist überhaupt Demokratie?

Demokratie (griechisch Δημοκρατία, von δῆμος [dēmos], „Volk“, und κρατία [kratía], „Herrschaft“, vgl. -kratie; wörtlich: Herrschaft des Volkes) bezeichnet einerseits das Ideal einer durch die Zustimmung der Mehrheit der Bürger und deren Beteiligung legitimierten Regierungsform, der „Volksherrschaft“. Diese Idealvorstellung wird in Demokratietheorien konkretisiert, die jeweils eine bestimmte Vorstellung von Demokratie beinhalten: so die direkte Demokratie, repräsentative Demokratie, Demarchie, Radikaldemokratie oder Basisdemokratie.

Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Demokratie

Folglich kann Demokratie sich in unterschiedlichen Varianten widerspiegeln und ist auf Grund der Begrifflichkeit lediglich daran gebunden, dass das Volk die angebotene Regierungsform trägt und nicht dagegen ist. Diese Annahme korrespondiert mit Sure 18 Vers 29:

Und sag: (Es ist) die Wahrheit von eurem Herrn. Wer nun will, der soll glauben, und wer will, der soll ungläubig sein. Gewiß, Wir haben den Ungerechten ein Feuer bereitet, dessen Zeltdecke sie umfangen hält. Und wenn sie um Hilfe rufen, wird ihnen mit Wasser wie geschmolzenem Erz geholfen, das die Gesichter versengt – ein schlimmes Getränk und ein böser Rastplatz!

وقل الحق من ربكم فمن شاء فليومن ومن شاء فليكفر انا اعتدنا للظلمين نارا احاط بهم سرادقها وان يستغيثوا يغاثوا بماء كالمهل يشوى الوجوه بئس الشراب وساءت مرتفقا

Der ideale auf koranischen Prinzipien beruhende Staat kann somit nur so lange existent sein, so lange die Menschen dies wünschen. Es gibt keinen Grund, den Glauben oder die Gesetze gegen den Willen der Menschen durchzusetzen. Jeglicher weltlicher Sanktion wird eine Absage erteilt, indem ausschließlich auf eine jenseitige Konsequenz verwiesen wird. Doch wer ist nun eigentlich berechtigt zu entscheiden? Der Koran fordert dazu auf Gott, dem Gesandten und den Befehlshabern zu gehorchen (4/59):

O die ihr glaubt, gehorcht Allah und gehorcht dem Gesandten und den Befehlshabern unter euch! Wenn ihr miteinander über etwas streitet, dann bringt es vor Allah und den Gesandten, wenn ihr wirklich an Allah und den Jüngsten Tag glaubt. Das ist am besten und am ehesten ein guter Ausgang.

يايها الذين ءامنوا اطيعوا الله واطيعوا الرسول واولى الامر منكم فان تنزعتم فى شىء فردوه الى الله والرسول ان كنتم تومنون بالله واليوم الءاخر ذلك خير واحسن تاويلا

Es liegt jedoch auf der Hand, dass sich in diesem Vers ein Gefälle manifestiert. So sollen die Menschen, wenn über eine Sache keine Einigung erzielt werden kann diese Fragestellung vor Gott und den Gesandten bringen. Der der Prophet Muhammad jedoch tot ist, bleibt nur noch Gott und mit ihm der Koran, der den Willen Gottes wiedergibt. Somit ist jede Entscheidung abhängig von den Inhalten des Koran und muss sich an diesen messen lassen. Schließlich sagt der Koran in Sure 10 Vers 59:

Sag: Was meint ihr zu dem, was Allah für euch an Versorgung herabgesandt hat und was ihr dann als Verbotenes und Erlaubtes festgelegt habt, – sag: Hat Allah es euch tatsächlich erlaubt, oder ersinnt ihr etwas gegen Allah?

قل ارءيتم ما انزل الله لكم من رزق فجعلتم منه حراما وحللا قل ءالله اذن لكم ام على الله تفترون

Somit ist es unmöglich, dass der Koran von Menschen außer Kraft gesetzt wird. Dies ist eindeutig verboten. Niemand kann die Gesetze Gottes abändern und Verbotenes erlauben oder Erlaubtes verbieten. Doch wie sieht es aus, wenn etwas im Koran nicht erwähnt wurde? Gibt es das überhaupt? Sagt der Koran nicht, dass er vollständig sei?

Soll ich denn einen anderen Schiedsrichter als Allah begehren, wo Er es doch ist, der das Buch, ausführlich dargelegt, zu euch herabgesandt hat? Diejenigen, denen Wir die Schrift gaben, wissen, daß es von deinem Herrn mit der Wahrheit herabgesandt wurde. So gehöre ja nicht zu den Zweiflern.  (6:114)

افغير الله ابتغى حكما وهو الذى انزل اليكم الكتب مفصلا والذين ءاتينهم الكتب يعلمون انه منزل من ربك بالحق فلا تكونن من الممترين

Die Frage, die sich an dieser Stelle auf drängt lautet: „Was bedeutet vollständig?“ – Es sollte klar sein, dass der Koran zwar vollständig, aber nicht vollständig ausformuliert ist. Das bedeutet, die Rechtleitung, die der Koran verspricht bezieht sich auf die Ebene der Werte nicht jedoch auf die Ebene der Normen. So fordert der Koran an vielen Stellen Gerechtigkeit, hat aber zu etlichen Themen keine Norm formuliert. Ein einfaches Beispiel: in der heutigen Zeit nutzen viele Menschen Verkehrsmittel um sich fort zu bewegen während noch vor 1000 Jahren die Mehrheit der Menschen zu Fuß unterwegs war. Die veränderten Bedingungen haben vielfach gezeigt, dass eine mangelnde Regulierung des Verkehrs zu Toten und Verletzten führt bzw. führen kann. So wäre überhöhte Geschwindigkeit in Ortschaften der rasche Tot etlicher Schulkinder – nicht einmal, weil die Menschen bewusst schnell fahren, sondern vielleicht einfach deswegen, weil das Gelände falsch eingeschätzt wird oder ein Termin im Nacken sitzt so dass man schneller fährt als eigentlich sinnvoll ist. Hier helfen Verkehrsregeln, die auf koranischen Werten wie Gerechtigkeit oder Rücksichtname formuliert sind. Man erschafft somit kein neues Gebot oder Verbot, was einen unweigerlich in Konflikt mit Sure 10 Vers 59 bringen würde, sondern man leitet aus einem Gebot Gottes (Gerechtigkeit) eine gebotene Verhaltensweise ab. Ob man mit dieser Ableitung immer 100% richtig liegt kann man nicht wissen. Deswegen verbietet es sich an der Stelle zu sagen, dass z.B. die Regelung „recht vor links“ (es könnte ja auch „links vor rechts“ sein) von Gott kommt. Gott hat lediglich einen Wert benannt, den man mit dieser abgeleiteten Norm zu erfüllen trachtet. Auf Grund der Tatsache, dass man etliche Dinge sehr unterschiedlich beantworten kann, sollte entsprechend die Beurteilung einer Sache nicht bei einer Person alleine liegen, sondern von den Menschen selbst beratschlagt werden, wie es auch Sure 42 Vers 38 darlegt:

und diejenigen, die auf ihren Herrn hören und das Gebet verrichten, ihre Angelegenheiten) durch Beratung untereinander (regeln) und von dem ausgeben, womit Wir sie versorgt haben,

والذين استجابوا لربهم واقاموا الصلوة وامرهم شورى بينهم ومما رزقنهم ينفقون

Ich denke sogar, dass Gott dies so wünscht, da er nicht zu allem, was die Menschen damals fragten eine direkte Antwort gegeben hat:

O die ihr glaubt, fragt nicht nach Dingen, die, wenn sie euch offengelegt werden, euch leid tun, wenn ihr nach ihnen fragt zu der Zeit, da der Qur´an offenbart wird, sie euch (gewiß) offengelegt werden, wo Allah sie übergangen hat. Und Allah ist Allvergebend und Nachsichtig.  (5/101)

يايها الذين ءامنوا لا تسلوا عن اشياء ان تبد لكم تسوكم وان تسلوا عنها حين ينزل القرءان تبد لكم عفا الله عنها والله غفور حليم

Selbst der Prophet sollte seine Angelegenheiten zur Beratung freigeben:

Durch Erbarmen von Allah bist du mild zu ihnen gewesen; wärst du aber schroff und hartherzig, so würden sie wahrlich rings um dich auseinandergelaufen. So verzeihe ihnen, bitte für sie um Vergebung und ziehe sie in den Angelegenheiten zu Rate. Und wenn du dich entschlossen hast, dann verlasse dich auf Allah! Gewiß, Allah liebt die sich (auf Ihn) Verlassenden. (3/159)

فبما رحمة من الله لنت لهم ولو كنت فظا غليظ القلب لانفضوا من حولك فاعف عنهم واستغفر لهم وشاورهم فى الامر فاذا عزمت فتوكل على الله ان الله يحب المتوكلين

Der Prophet Muhammad war zu seiner Zeit der anerkannte weltliche Führer und ihm wurde nachgefolgt. Heute haben wir andere Machthaber. So diese nach koranischen Prinzipien bestimmt wurden ist ihren Weisungen zunächst Folge zu leisten. Stets unter der Prämisse, dass Ihre Entscheidungen nicht dem Wort Gottes widersprechen, das Ergebnis gegenseitiger Beratung sind und von den Menschen akzeptiert werden. Diese drei Aspekte sind unbedingt einzuhalten.

Abschließend möchte ich noch die verschiedenen Möglichkeiten der Urteilsfindung, die in meinen Augen möglich sind, benennen:

1. direkte Norm (Gott zeigt in einem Vers ganz konkret ein Ge- oder Verbot auf – dieses ist – soweit der Vers eindeutig ist – nicht zu diskutieren.

Beispiel: Verboten hat Er euch nur (den Genuss von) Verendetem, Blut, Schweinefleisch und dem, worüber ein anderer (Name) als Allah(s) angerufen worden ist. Wer sich aber in einer Zwangslage befindet, ohne zu begehren oder das Maß zu überschreiten, für den ist es keine Sünde. Allah ist Allvergebend und Barmherzig. (4/173))

2. indirekte Norm (Aus bereits im Koran vorhandenen eindeutigen Nomen wird mittels Analogieschluss eine weitere Norm festgelegt – dies ist in jedem Falle zu diskutieren um möglicher Einseitigkeit vorzubeugen.

Beispiel: Aus dem Verbot der Zwangsprostetution (24/33) leitet sich das Verbot von Vergewaltigung ab.)

3. Wert (Gott hat einen Wert, den es zu achten gilt benannt. Dieser Wert kann je nach Bedarf in einer Norm ausformuliert werden. Hier ist in jedem Falle die Diskussion und Beratung gefragt.

Beispiel: Gott verlangt Gerechtigkeit (7/29). Daraus kann man gerechte Bezahlung und damit z.B. die Einführung von Mindestlöhnen begründen.)

 

Im Koran finden sich also alle Instrumente, um mittels Beratung jedem gesellschaftlichen Problem Herr zu werden. Die Umsetzung gelingt in meinen Augen am Besten mit den Mitteln der Demokratie, die eben nicht Gott als Souverän ablöst, sondern Gottes Willen in Streitfragen möglichst korrekt umsetzt.

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2 Gedanken zu „Islam und Demokratie“

  1. Du bist nicht weiter als ein Taghut, Mushrik und ein Kafir.
    Erlerne den Tawhid: zensiert, da dies keine Werbeplattform für Schwachsinn ist

    1. Der Kommentarbereich ist keine Werbeplattform für Personen, die sich inhaltlich nicht mit dem Artikel auseinandersetzen. Nach kurzer Lektüre der von Dir verlinkten Seite komme ich zu dem Ergebnis, dass Du dazu auch gar nicht in der Lage wärst. Insofern sind die Termini, die Du für meine Person gefunden hast belanglos und uninteressant. Falls es Deiner Selbstreflektion dient: aus quranitischer Sicht bist Du nichts weiter als ein Taghut, Mushrik und ein Kafir. Im Grunde aus jeder anderen religiösen Sicht bist Du das. Freilich befleißigen sich z.B. Juden anderer Termini um Deinen Unglauben zu brandmarken. Die nennen Dich Goi. Trifft Dich das? Dann weißt Du ja, wie mich Deine Meinung interessiert. Atheisten sind da übrigens anders: die bezeichnen Dich bloß als Depp.
      Da es Dir wichtig war hier einen Link zu Deiner zusammenkopierten tumblr Seite unterzubringen, möchte ich zumindest für Dich zu tumblr verlinken: https://queermuslimproject.tumblr.com/
      Ich wünsche Dir viel Freude beim Erlernen von Toleranz, Selbstreflektion und Pluralismus. Bin mir leider nicht sicher, ob das Deine genetischen Probleme überwinden kann.

      By the way: sich Muwahhid zu nennen ist reichlich fragwürdig, da dies im Grunde eine Neuerung in der Religion ist, da sich weder die Propheten noch die frühen Gelehrten selbst so nannten. Nicht mal Ibrahim nannte sich so. Brauchst nicht Danke sagen.

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