Früheste islamische Inschrift könnte die Frage nach dem Koran klären

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Ein arabischer Reisender, der vor über 1300 Jahren seinen Namen auf einen roten Sandstein eingravierte, könnte nun dabei helfen zu klären, worüber sich Islamwissenschaftler lange uneins waren: Wieso wurde der Koran scheinbar ohne diakritische Zeichen fixiert?

Diakritische Zeichen, die Akzente, Tilden, Umlaute und andere Notationen beinhalten, helfen Buchstaben voneinander zu unterscheiden und gewährleisten deren korrekte Aussprache. Wenn man diese hinzufügt oder wegläßt, so erhalten Buchstaben oder Sätze vollkommen andere Bedeutungen.

Die Analyse der kürzlich entdeckten Sandsteininschrift, die sich noch vor den frühesten uns bekannten Abschriften des Koran  datieren läßt belegt den folgenden Inhalt: „Im Namen Allahs / Ich, Zuhayr, schrieb (dies) zu der Zeit, als Umar starb / Jahr Vier / und Zwanzig.“

Laut dem Forscher Ali ibn Ibrahim Ghabban, der, zusammen mit seiner Frau die Inschrift aus dem Jahre 644 n. Chr. nordwestlich von Saudi-Arabien entdeckte, handelt es sich um einen immens wichtigen Fund, da es die am frühesten zu datierende arabische Inschrift sei.

Ghabban, Mitglied der „Supreme Commission for Tourism“ von Riad (Saudi-Arabien) fügt hinzu, dies belege, daß es sich um ein vollkommen ausgebildetes System diakritischer Zeichen handele.

Robert Hoyland, Professor für Arabistik und den Nah-Östliche Studien an der St. Andrews Universität von Schottland erklärt die Bedeutung der Entdeckung von Ghaban:

„Inwieweit der Koran ursprünglich mit diakritischen Zeichen fixiert wurde ist sehr wichtig, da westliche Koranwissenschaftler generell die Meinung vertreten, daß es kein solches System gab und sich daher die Freiheit nehmen, Änderungen am koranischen Text durch Vertauschen der diakritischen Zeichen vorzunehmen, um ihm eine andere Bedeutung zu geben. Dies wird von muslimischen Gelehrten verständlicherweise mißbilligt, da sie davon ausgehen, daß der Text, der heute in Umlauf ist dem entspricht, was ursprünglich Muhammad offenbart wurde.“

Hoyland weißt darauf hin, daß, obwohl die früheste islamische Inschrift, die zugleich der weltweit zweitälteste Beweis für geschriebens Arabisch ist keine Satzzeichen oder Vokale enthält,  sie Markierungen beinhalte, um gleich aussehende Konsonanten voneinenader zu unterscheiden. Dies beweist, daß ein solches Markierungssystem bereits vor den frühesten uns bekannten Koranabschriften – die zwischen 652 und 680 n. Chr. zu datieren sind – vorhanden war.

Ghabban ist der Meinug, daß Muhammads engste und früheste Anhänger den Koran der diakritischen Zeichen entledigten, um den Muslimen zu ermöglichen, den Koran so zu lesen, wie er Muhammad in den verschiedenen arabischen Dialekten offenbart wurde und der Wurzel der einzelnen Worte die Bedeutungsvielfalt aller möglichen Deutungen zu gewährleisten.

Hoyland fügt hinzu, die würde bedeuten, daß die westliche Islamwissenschaft damit keine Entschuldigung mehr habe, den Text anders zu lesen, als er heute vorliegt.

Ohne diakritische Zeichen würde beispielsweise der Satz: “ Ich nahm mit der ganzen Hand“ auch so verstanden werden können: „Ich nahm mit meinen Fingerspitzen.“

Die früheste bekannte islamische Inschrift, deren Schnitzer seine eigenen Zeichen gemacht haben könnte, als er gerade ein syrischen Pilgerweg entlang lief, könnte auch ein anderes Rätsel der arabischen Geschichte lösen: Wann starb Kalif Umar ibn al-Khattab?

Folgt man den traditionellen und anderen historischen Quellen, soll ein persischer Soldat Umar in aller Öffentlichkeit erstochen haben, als dieser gerade das Gebet in der Moschee leitete. Zuhayr, der ein Zeuge dieses Gewaltverbrechens gewesen sein könnte, hielt fest, daß Umar im Jahr „vier und zwanzig“ starb; dies bedeutet 644 n.Chr.


 

Link zum englischen Originaltext:

http://dsc.discovery.com/news/2008/11/18/islamic-inscription.html

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